Ein Mann rollt einen Rasen auf einem Dach aus.
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Das Schwammdach in Schauenstein soll eine Investition in die Zukunft sein. Es soll seinen Beitrag dazu leisten, vor Starkregen zu schützen.

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Schauenstein: Ein Dach, das vor Überschwemmungen schützen soll

Ein Schwammdach auf der Schulturnhalle - dieses Projekt ist im oberfränkischen Schauenstein gestartet. Das besondere Dach soll bei Starkregen Wasser sammeln und langsam wieder abgeben, um die Abflusskanäle zu entlasten.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Dachdeckermeister Moritz Geigenmüller gießt mit einer Kanne den frisch ausgerollten Pflanzenbelag auf dem Schauensteiner Schulturnhallendach. Die Pflanzen brauchen Wasser, denn es hat 30 Grad im Schatten – das war vor einer Woche. Seither hat es auch im Landkreis Hof viel geregnet. Ein Starkregenereignis gab es in den vergangenen Tagen allerdings nicht. Dabei bräuchte es so ein Ereignis, um die Funktion des neuen sogenannten Schwammdaches zu prüfen. Denn das Dach, das Geigenmüller und seine Mitarbeitenden gerade aufbauen, ist auf große Regenmengen ausgelegt.

Es soll den Regen künftig speichern und ganz langsam wieder abgeben. Im Idealfall bleibt dann genug Wasser für die nächste Trockenperiode übrig. Der diesjährige Sommer sei der ideale Testfall für das Schwammdach, meint Günter Müller-Czygan, Stiftungsprofessor und Dozent für Wasserinfrastruktur an der Hochschule Hof.

Vom Schwammdach zur Schwammstadt

Müller-Czygan begleitet mit seinem Team das Schauensteiner Schwammdach. Wie viel Wasser kann es aufnehmen, wie wird die Flüssigkeit wieder abgegeben, wie viel Wasser kann für Trockenzeiten gespeichert werden? Diesen Fragen werden er und seine Studierenden nachgehen. Dazu werden sie das Dach mit Sensoren bestücken, es immer wieder besichtigen, die Erkenntnisse auswerten. Für Müller-Czygan sind Schwammdächer ein Zukunftsprojekt: um Starkregen abzufedern, die Abflusskanäle zu entlasten, eventuelle Katastrophen zu verhindern.

Ein Schwammdach alleine könne nicht viel ausrichten, erläutert der Experte, aber im Grunde wäre jedes Flachdach geeignet, sogar Bushäuschen. Und selbst für Satteldächer gäbe es Lösungen. Dazu müssten aber noch andere Maßnahmen kommen, wie Versickerungsstellen auf Sport- und Spielplätzen. Das erklärte Ziel von Müller-Czygan ist die Schwammstadt, die – wie das Dach – das Wasser aufnimmt und es langsam wieder abgibt.

Vorsorge gegen Starkregen

Florian Schaller steht ebenfalls auf dem Flachdach der Schulturnhalle und ist gespannt. Der junge CSU-Bürgermeister von Schauenstein erinnert sich noch gut an den Starkregen vor zwei Jahren im Juli. Damals wurde die Nachbarstadt Selbitz überflutet und auch in Schauenstein hoben die Wassermassen die Kanaldeckel aus den Straßen. Im Stadtrat wurde einstimmig für den Bau des Schwammdaches gestimmt. Das sei eine nachhaltige Investition in die Zukunft, meint Schaller. 50 Jahre mindestens werde das Dach halten.

Er habe bereits eine Fortbildung zum Thema Schwammstadt absolviert und sei von dem Konzept überzeugt. In Schauenstein kann sich der Bürgermeister weitere ähnliche Projekte vorstellen. Außerdem sei das neue Turnhallendach auch ein tolles Anschauungsobjekt für die Schülerinnen und Schüler, wie zukunftsfähiges Bauen und eine zukunftsfähige Stadt aussehen können.

Textile Drainage aus Oberfranken

Dachdecker Geigenmüller und seine Leute verlegen für das Schwammdach erst einmal eine dicke schwarze Plane auf dem Flachdach. Danach kommt das Herzstück des Schwammdaches: die Drainage. Diese ist ein dreidimensionales Gewirke, fünf Millimeter stark. Eine Textillage unten, dann das Textilgeflecht und eine weitere Textillage mit Kapillarfasern oben. Diese Drainage soll den Wasserabfluss nach unten bremsen und nach oben, zur Pflanzenlage, ermöglichen. Zusammen mit einem sechs Zentimeter starken Röhrengeflecht und einer weiteren Lage aus Steinwolle wird so der Schwamm gebildet. Dieser soll genug Wasser für trockene Tage und Wochen zurückhalten, damit die Dachvegetation nicht austrocknet.

Erfunden hat die Drainage Mario Browa aus Geroldsgrün im Frankenwald. Die Idee kam ihm, als er ein ähnliches Geflecht für Geranienzüchter entwickelt hatte. Seine textile Drainage mit dem Namen "Purple Roof" wird bereits in den USA eingebaut. Nun werde das erste Schwammdach aus dem Frankenwald in der Frankenwaldstadt Schauenstein errichtet, freut sich Browa. Und auch Bürgermeister Schaller findet es toll, dass hier Kompetenzen aus der Region zum Zuge kämen.

Fördergelder laut Bürgermeister wünschenswert

Innerhalb eines Tages ist das Schwammdach aufgebaut. Angst vor einer zu hohen Dachlast – vor allem, wenn im Winter viel Schnee darauf liegt –, haben sie in Schauenstein nicht, denn die Dächer hier seien auf große Schneelasten ausgelegt, erläutert Florian Schaller. Er würde sich über Fördergelder freuen, um weitere Schwammdächer in seiner Stadt errichten zu können, denn diese seien teurer als herkömmliche Dächer, aber eben auch nachhaltiger. Die Haushaltslage in Schauenstein gebe das aber momentan nicht her, bedauert der Bürgermeister.

Nach dem Regen in den vergangenen Tagen muss Moritz Geigenmüller das Dach nun nicht mehr gießen. Allerdings müssen in den nächsten Tagen noch die Messinstrumente für das Schwammdach angebracht werden. Erst dann kann man sehen, wie es funktioniert.

Im oberfränkischen Schauenstein ist auf der Schulturnhalle ein sogenanntes "Purple-Roof-Dach" montiert worden.
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Schwammdach soll bei Extremwetterlagen helfen

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