Ein Weingut mit Blick ins Etschtal.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Bernhard Krieger

Archivbild: Die autonome Provinz Südtirol, wo Deutsch neben Italienisch Amtssprache ist, wählt am Sonntag ein neues Parlament.

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Wahlen in Südtirol: Wackelige Stabilität

Südtirol wählt einen neuen Landtag. Der Südtiroler Volkspartei, die in der autonomen Provinz jahrzehntelang mit absoluter Mehrheit regiert hat, wird ein starker Verlust vorausgesagt.

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Italien gilt nicht als europäischer Musterknabe, wenn es um wirtschaftlichen Wohlstand geht. Eine Ausnahme macht die autonome Region Südtirol, hier floriert die Wirtschaft. Trotzdem muss die Südtiroler Volkspartei, die seit 75 Jahren ununterbrochen die Regionalregierung anführt, einen Einbruch bei ihrem Stimmenanteil befürchten: In ihren besten Zeiten erreichte die bürgerlich-konservative SVP mehr als 60 Prozent. Vor fünf Jahren waren es noch knapp 42 Prozent. Jetzt könnte sie nach Umfragen auf deutlich weniger als 40 Prozent absacken.

SVP: Opfer des eigenen Erfolges?

Um das zu verstehen, sei ein Blick in die Geschichte wichtig, sagt der Politikwissenschaftler Günther Pallaver vom Forschungsinstitut Eurac Research in Bozen. Nach dem Ersten Weltkrieg bekam Italien als Siegermacht die Region südlich des Brennerpasses zugeschlagen, die vorher zu Österreich gehört hatte. Vor allem nach der Machtübernahme durch die Faschisten in den 1920er-Jahren wurde die deutschsprachige Bevölkerung kulturell unterdrückt. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Regierung in Rom weitgehende Minderheitenrechte zugestanden. Viele Südtiroler fürchteten aber lange Zeit, diese Rechte könnten ihnen wieder genommen werden. Inzwischen seien diese Sorgen geringer, sagt der Politologe. Es stellt sich also die Frage: Ist die Südtiroler Volkspartei Opfer des eigenen Erfolges geworden?

Koalition mit Rechtsparteien ist wahrscheinlich

Arno Kompatscher, der für die Südtiroler Volkspartei seit fünf Jahren die Landesregierung anführt, gibt sich trotz der schlechten Wahlprognosen ehrgeizig: "Wir sind eine Regierungspartei, wir waren es immer. Wir haben den Anspruch, es auch zu bleiben." Um auch nach 75 Jahren weiterregieren zu können, braucht die Südtiroler Volkspartei mindestens einen Koalitionspartner, infrage kommen die Rechtsparteien Fratelli d'Italia und Lega, die seit einem Jahr in Rom gemeinsam regieren.

Österreich: Freund oder Feind?

Die SVP pflegt ein gutes Verhältnis mit der Zentralregierung in Rom. Dieses könnte allerdings auf eine Belastungsprobe gestellt werden, vor allem beim Thema Verkehr: Österreich versucht schon seit Jahren, den Schwerlastverkehr zu beschränken, der von Deutschland über den Brennerpass nach Italien rollt. Die italienische Regierung fürchtet dadurch wirtschaftliche Probleme. Sie will deshalb Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen. Die SVP hingegen sieht Österreich als Schutzmacht für die deutschsprachigen Staatsbürger Italiens, erklärt der Politologe Pallaver. "Das dürfte noch große Probleme hervorrufen."

Eine Südtiroler Landesregierung, die einerseits Sympathien für die Haltung Österreichs beim Thema Transitverkehr hat und andererseits eng mit der italienischen Zentralregierung verbunden ist, könnte in diesem Dauerstreit aber möglicherweise auch eine Vermittlerrolle einnehmen.

Vorläufiges Endergebnis wohl am Montag

Die Wahllokale schließen um 21 Uhr. Auf dem Stimmzettel stehen insgesamt 16 Parteien und Gruppierungen. Wahlberechtigt sind etwa 430.000 Südtiroler. Zuverlässige Resultate und dann auch das vorläufige Endergebnis werden am Montag erwartet.

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