"Vitesco Technologies- Entwicklungszentrum" steht auf einem Schild vor dem Werksgelände von Vitesco.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Armin Weigel

Der Antriebs-Spezialist Vitesco soll ganz mit dem Automobil-Zulieferer Schaeffler verschmolzen werden.

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Autozulieferer Schaeffler will Vitesco komplett übernehmen

In der Autozuliefererbranche bahnt sich eine große Übernahme an. Die Familie Schaeffler will Vitesco komplett übernehmen. Sie hält bereits knapp die Hälfte. Bei einem Zusammenschluss sollen die Anteile in das neue Unternehmen eingebracht werden.

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Bei Schaeffler verspricht sich der Vorstand einiges von dem Zusammenschluss. Gemeinsam sei man stärker, meint der Vorstandschef, Klaus Rosenfeld. Das bringe deutliche Vorteile für Kunden, Beschäftigte, Aktionäre und Geschäftspartner. Das Unternehmen aus Herzogenaurach bietet den Vitesco-Aktionären 91 Euro je Aktie an, das liegt mehr als 20 Prozent über dem Schlusskurs vom vergangenen Freitag. Insgesamt wird die vor zwei Jahren von Continental abgespaltene Vitesco dabei mit 3,64 Milliarden Euro bewertet. Am Ende könnten alle verbliebenen Vitesco-Papiere in Aktien der fusionierten "neuen" Schaeffler umgetauscht werden.

Wachstum im Bereich Elektromobilität

Bei einer Fusion würde ein Unternehmen mit einem Umsatz von 25 Milliarden Euro, mit mehr als 120.000 Mitarbeitern und mehr als 100 Werken entstehen. Rosenfeld hat in einer kurzen Telefonkonferenz die Beschäftigten beruhigt:

"Dies ist eine Transaktion, die auf das Wachstum ausgerichtet ist. Es gibt gerade in Deutschland Standorte, die sehr stark voneinander getrennt sind. Wir haben keine wirklichen wesentlichen Überlappungen. Und insofern gehen wir davon aus, dass wir hier keine größeren Anpassungen oder gar Entlassungen vor uns haben." Klaus Rosenfeld, Schaeffler AG

Vor allem im Bereich der Elektromobilität will man gemeinsam weiterwachsen. Der Vorstand rechnet zudem mit Synergien von jährlich 600 Millionen vor Zinsen und Steuern, die man 2029 erstmals erreichen will. Der Vorstand von Vitesco war allerdings in die Pläne nicht eingeweiht und reagierte überrascht. Kurz und knapp hieß es: Der Vorstand und der Aufsichtsrat von Vitesco Technologies würden alle Informationen sorgfältig prüfen und über die nächsten Schritte entscheiden.

Marktführerschaft bei E-Mobilität angestrebt

Es ist eine Herausforderung nicht nur für Autobauer, sondern auch für ihre Zulieferer: Bei Verbrennern gilt Technologie aus Deutschland nach wie vor als führend, doch davon lässt sich auf dem Weltmarkt immer weniger verkaufen. Mit der Übernahme von Vitesco will Schaeffler nun auf einen Schlag zu einem Marktführer in der E-Mobilität werden, so Konzernchef Klaus Rosenfeld. Er vertritt die Überzeugung, dass die großen deutschen Zulieferer nach wie vor einen technologischen Vorsprung gegenüber neuen Wettbewerbern zum Beispiel aus China haben.

Trumpfkarte Systemkenntnis

Firmen wie Schaeffler verfügen demnach über eine tiefe Kenntnis des Systems Automobil. Sie verstehen also, wie einzelne Komponenten sowohl für sich als auch im Zusammenspiel untereinander stabil und effizient funktionieren, und wie sie sich ganzheitlich optimieren lassen. So könne man aus einer Batterieladung mehr Reichweite herausholen, wenn man zum Beispiel Achsen, Antriebe und die Temperierung optimiert und gut aufeinander abstimmt. Dieses Systemwissen und die entsprechenden Produkte will man in Zukunft auch mehr und mehr Herstellern von E-Autos im Paket anbieten können. Die Antriebstechnologien von Vitesco sollen dabei die Systeme von Schaeffler ergänzen. Ein weiterer Faktor: Je größer ein Zulieferer ist, desto bessere Konditionen kann er in der Regel auch am Markt durchsetzen.

IG Metall: "Verschmelzung ist sinnvoll"

Die Pläne stoßen bei der IG Metall nicht auf Widerstand. Wenn Schaeffler Vitesco übernehmen sollte, dürfe das nicht auf den Rücken der Beschäftigten ausgetragen werde, sagt Rico Irmischer von der IG Metall in Regensburg. Die Vitesco-Betriebsräte seien zwar angespannt, weil noch unklar ist, ob alle Jobs nach einer Fusion sicher wären. Der möglichen Übernahme sei der Betriebsrat aber positiv zugewandt, sagt Irmischer.

Eine Fusion des Regensburger Antriebsspezialisten mit weltweit 38.000 Mitarbeitern mit dem fränkischen Autozulieferer Schaeffler wäre eine starke bayerische Lösung, bei der ein tarifgebundenes Unternehmen ein anderes tarifgebundenes Unternehmen übernehme, sagt Irmischer. Auch technologisch würde das gut passen, so der IG-Metall-Vertreter. Wichtig sei aber, dass in beiden Unternehmen alle Standorte in ihrer Stärke erhalten blieben.

"Wir wünschen uns einen Weg, der zu einer einvernehmlichen Lösung führt. Unser vorrangiges Ziel ist es, dass die Standorte beider Unternehmen in ihrer Stärke erhalten bleiben und keine Arbeitsplätze abgebaut werden." Horst Ott, IG Metall Bayern

Börse sieht gutes Geschäft für Aktionäre

An der Börse schnellte die Vitesco-Aktie um ein Fünftel nach oben, während Schaeffler-Papiere zeitweise mit zehn Prozent so stark verloren wie seit anderthalb Jahren nicht mehr. RoboMarkets-Experte Jürgen Molnar sagte, für die Schaeffler-Aktionäre dürfte der Zusammenschluss auf lange Sicht ein gutes Geschäft sein, dank der Synergieeffekte von 600 Millionen Euro.

mit Material von Reuters

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