Tropfen Sonnenschutz-Körpergel im Licht des Sonnenuntergangs; verbotener Weichmacher im Urin: Woher kommt die Chemikalie?
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Die im Urin gefundene Substanz "MnHexP", ein Weichmacher, könnte aus Sonnencreme stammen.

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Verbotener Weichmacher im Urin: Woher kommt die Chemikalie?

Eine schädliche Chemikalie namens "DnHexP" ist in zahlreichen Urinproben hierzulande nachgewiesen worden. Und das, obwohl der schädliche Stoff in Deutschland eigentlich verboten ist. Nun gibt es einen Verdacht, woher der Weichmacher stammen könnte.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Bei einer deutschlandweiten Untersuchung des Umweltbundesamtes (Uba) sind in mehr als jeder dritten Urinprobe (37 Prozent) Spuren von "MnHexP" gefunden worden, ein im Körper entstehendes Abbauprodukt des in der EU seit 2023 weitgehend verbotenen "DnHexP". Das ist ein Zwischenergebnis der aktuell noch laufenden 6. Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit. Zur Situation in Bayern konnte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) derzeit noch keine genaueren Angaben machen.

"DnHexP": Was ist das überhaupt für ein Stoff?

"DnHexP" steht für Di-n-hexyl-Phthalat, eine chemische Verbindung, die zur Gruppe der Phthalate gehört: Weichmacher. Helga Stopper, Toxikologin vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Uni Würzburg, erklärt: "Weichmacher wie DnHexP kommen in Kunststoffen vor, wenn sie weich, also biegsam oder elastisch, sein sollen. Das können Sportartikel, Produkte in häuslicher Umgebung wie Fußbodenbeläge, Lebensmittelverpackungen und vieles mehr sein." Diese Phtalate seien nicht fest im Material gebunden und können sich herauslösen. "Speziell DnHexP ist in der EU derzeit jedoch für keine Anwendung zugelassen", so die Expertin. Laut Umweltbundesamt könnten jedoch Altbestände und Importprodukte Di-n-hexyl-Phthalat enthalten.

Weichmacher in mehr als jeder dritten Urinprobe

Laut einer Toxikologin des Umweltbundesamtes dürfte MnHexP dementsprechend eigentlich nicht im menschlichen Körper vorkommen. Der Fund weise deshalb auf ein Problem größeren Ausmaßes hin. Nach Angaben der Behörde wurde die Substanz erstmals 2023 in Untersuchungsproben entdeckt.

Bei einer Untersuchung alter Urinproben von Kindergartenkindern durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) hatte sich herausgestellt, dass der Anteil der mit MnHexP belasteten Proben von 26 Prozent in den Jahren 2017/18 auf 61 Prozent in den Jahren 2020/21 gestiegen war.

Anlass zur Besorgnis?

Die Substanz kann Fortpflanzungsorgane männlicher Föten schädigen und bei Erwachsenen das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit erhöhen. Für die Beurteilung eines Gesundheitsrisikos sei aber immer auch die Menge der aufgenommenen Substanzen relevant, so Helga Stopper. "Es lassen sich heutzutage bereits minimalste Mengen nachweisen. In diesem geringen Dosisbereich ist eine Abschätzung möglicher gesundheitlicher Konsequenzen schwierig." Dennoch: Nicht ohne Grund sei DnHexP in der EU nicht zugelassen. Auf jeden Fall müsse dringend geklärt werden, woher die Substanz komme, um dann die Quellen eliminieren zu können.

Woher kommen die Phthalat-Weichmacher?

Bislang ist nämlich unklar, auf welchem Weg der Weichmacher genau in den menschlichen Organismus gelangt ist. Nach Angaben des Umweltbundesamtes weisen vorläufige Untersuchungen aber auf eine Verbindung zwischen der Belastung durch MnHexP und kosmetischen Produkten, vor allem Sonnenschutzmitteln, hin. Die Suche nach der genauen Herkunft dieses Schadstoffs gestalte sich derzeit noch schwierig, wobei das Uba eng mit EU-Behörden zusammenarbeitet.

Nichtsdestotrotz warnen Experten des Umweltbundesamtes, aber auch die Toxikologin Helga Stopper: "Bis Näheres bekannt ist, sollte nicht auf Sonnenschutz verzichtet werden, um sich nicht einer erhöhten Hautkrebsgefahr auszusetzen."

Erste Schritte gegen das Chemikalienproblem

Derzeit werden laut Umweltbundesamt auch Umweltproben auf Mono-n-hexyl-Phthalat hin analysiert, um die Dauer und mögliche Trends der Belastung zu ermitteln. Die Human-Biomonitoring-Kommission des Umweltbundesamtes wird dann die vorliegenden Daten prüfen, um eine genauere Einschätzung der akuten Gesundheitsrelevanz der Werte abgeben zu können.

Generell raten Experten sowieso dazu, zum Beispiel Plastikspielzeug vor der ersten Nutzung und auch regelmäßig danach zu reinigen und auf Veränderungen zu prüfen. Auch Sicherheitssiegel - obgleich manche davon nur eingeschränkt aussagekräftig sind - können hier Auskunft über die Unbedenklichkeit des Produkts geben. So empfiehlt der TÜV Süd zum Beispiel, auf das "geprüfte Sicherheit"-Siegel zu achten.

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